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Henning Christiansen

1994-12-11

Recipient

Eva Beuys

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Transcription

DK-Askeby 11.12.94

Liebe Eva.
Wenn ich deine Gefühle verletzt habe, tut es mir sehr leid, aber wenn du, wie Gerhard Pfennig mir schreibt, das Gefühl hast, dass Name und Werk von Joseph bei der letzten Aktion (Spanien/Barcelona/Manresa) missbraucht worden sind, fühle ich mich verletzt. Wie kannst du überhaupt denken, dass ich Joseph Beuys' Name und Werk missbrauchen könnte, wollte ? Hast du vergessen, dass bei Schmela jede Ecke voll von meiner Musik/Sound und Texte waren?
Liebe Eva, pass auf, dass Dein Misstrau nicht zu weit geht und die Erneuerung von Joseph’s Gedankengut behindern!
Es ging in der ManresaAktion nicht um Retro, nicht um Verbesserung, sondern um Erneuerung, es ging um Krieg und Frieden unter Menschen, den Versuch einer neuen Liturgie. Wir, Bjørn und ich, haben keinen Filz, kein Fett, kein Honig verwendet.
Die ganze Aktion dauerte 3 Stunden, innen und draussen – ganz anders angelegt als in der Hunsrückenstrasse. Wir brauchten z.B. nicht BRAUNRÄUME sagen, weil wir am Fluss (Rio Cardener) im braunem Wasser arbeiteten, so einfach kann es sein. - Die Gebirge sind dort auch braun.
Wir hatten über 1000 Zuschauer die uns im Regen folgtet. Erst Guia kleinKirche, dann Rio Cardener, über die Brücke - Pont Well - und in Santa Cova und dann in die Cathedrale von Ignazius Loyola und am Ende gingen wir zur Beuys-MANRESA-Zeichnungen-Ausstellung in Caixa. Vorher waren wir noch im FEUERRAUM, wo Mennekes und ich eine Rede aufführten (Poliredel).
Ich kann Dir auch versichern, dass die 2 Organisatorinnen : Pilar Parcerisas und Montse Badia sehr gute, kluge, interessierte, wissende, energische und sehr präzise Menschen sind. Auf jeden Fall war Ihre Organisation von MANRESA 1994 die perfekteste Arbeit die uns je begegnet ist und es ging nicht nur um Joseph Beuys,

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es ging ebenso um uns, was die Aktion MANRESA HAUPTBAHNHOF angeht. Der Hauptbahnhof in MANRESA ist übrigens total verwüstet und dort haben sie (Manuel Cusso-Ferrer) TV-Interview mit uns gemacht. Da haben wir allerdings auch über Joseph gesprochen, wir kennen ihn ja, aber dass wir ihn ausgenützt haben war nicht der Fall, wir finden beide Beuys’ Arbeit, Wirken, sehr wichtig - Zweifel ?
Dazu kommt, dass Friedhelm, nach Joseph, einer der wichtigsten Menschen ist, dem ich begegnet bin, er nimmt auch das Leben und seine Arbeit sehr ernst. Wenn du Angst hast, dass Beuys nach dieser Aufführung in Manresa Jesuit geworden ist, dann darf ich Dich auf das Buch von Friedhelm hinweisen: "Beuys zu Christus", besonders darauf, was Beuys über das Klerikale sagt.
Und nun zum Text: "Hier spricht FLUXUS etc.". Ich habe diesen Text "Partiturisiert" und im HVEDEKORN 1967 veröffentlicht und Beuys war damit sehr zufrieden und einverstanden, dass seine Worte Bestandteil meine Partitur wurden, allerdings hat er später eine Korrektur gemacht, indem er "nun” sorgfältig mit einem Fragezeichen versehen hat: "nun ?" - dieses Fragezeichen konnte icht nicht hören, aber so geschrieben gibt es doch einen Sinn! Und ich habe es so zu mir genommen.
Dieser Text ist für mich so wichtig, dass ich jetzt frage, ob er mir oder dir gehört ? Meine Antwort ist, dass es eher mir gehört (geistig) damit er Zugang zu allen Menschen bekommt – also mein Mund ist offen und meine Stimme klar.
Ich hatte vor, als nächstes, und das habe ich immer noch, die MANRESA-Zeichnungen im Thorvaldsen Museum in Kopenhagen zu zeigen. Ich habe dort noch nicht diese Frage gestellt, aber ich denke, es könnte klappen. Du erinnerst Dich an den Satz: "Guten Tag, wo gehen Sie hin ?" Antwort von Joseph: "THORVALDSEN MUSEUM". In der Nacht Sept. 1966 gingen Joseph und ich in den Strassen um das Thorvaldsen Museum herum. Ich hatte ein Stück Kreide und auf

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die Mauern schrieb ich unterwegs: De går den vej -> (Sie gehen diesen Weg ->). Wir haben uns darüber sehr amüsiert und Beuys hat wieder ein bisschen dänisch gelernt und diese Worte oft wiederholt, wenn wir uns begegneten. Eva! Es ist eine gute Idee, Thorvaldsen Museum. Ich habe noch nichts getan um dies durchzuführen, mit allem Respekt für Dich. Antworte bitte, sage etwas dazu oder schreibe deine Meinung.
Doch muss ich Dich bitten, Dich weit weg von unseren Aktionen zu halten. Du hast immer zu viel Lebensangst vor unseren Aktionen/Demonstrationen gezeigt. Ich kann mich sehr gut an deine Reaktionen auf die Aktionen erinnern z.B. in der Hunsrückenstrasse bei Schmela 1966 ...15. December.... Gott sei Dank warst du bei der Berliner Aktion "Ich versuche Dich freizulassen... (machen)" nicht dabei. Joseph hat mir immer zu verstehen gegeben, dass der ZEITRAUM den ich für ihn durch meine Musik schuf, für ihn sehr wichtig war.
Exstra: Ich hoffe nicht, dass dein Wissen über MANRESA HAUPTBAHNHOF von der Kritik in FAZ 22.11.94 von Josef Oehrlein stammt. Es ist lange her, dass mir so ein Deutscher Chauvinismus begegnet ist. Er hat die Spanier, die Catalaner so unangenehm in seinem raffinierten Schreiben behandelt: "Spanien sucht seinen Nachholbedarf zu decken." Und die nächsten Satzteile, die ich hier nicht wiederholen will, sind reine Spekulationen.
Der Josef Oehrlein will Joseph Beuys für Deutschland behalten. Aber: Beuys ist ein Weltkünstler, er gehört nicht in eine Stube. (Deutschland).
Mit freundlichem Gruss
[Henning]

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