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Henning Christiansen

1969-02-00

Author/Key figure

Ursula Reuter Christiansen

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Transcription

Ursula R. Chr

"Im Himmel, im Himmel, im Himmel,
drei Vögel wohnen dort.
Der erste heisst die Schwanenflut,
der zweite heisst die kühle Flut,
der dritte heisst die sanfte Flut.”

DIE WASSERTAUFE.
Berlin 1969. - Im februar 1969 geschah in Berlin folgendes:
In der Akademie der Künste sollten Joseph Beuys und Henning Christiansen ein Fluxus Konzert aufführen. Der Titel: Ich versuche Dich Freizulassen... (machen).
Am gleichen Februartag gab auch ein anderer Mann Vorstellung in Berlin, Nixon, Präsident von Amerika. Vom Hotelfenster aus konnte ich das Schauspiel betrachten, gerade auf der Brücke, die über den Kanal führte, hielt Nixons Lemousine, eine Treppe wurde vom Auto aus hochgerollt und der Kopf des Amerikaners mit den glattrasierten Backen stach aus dem Auto herfor und grinste sein Texas-smile den Berlinern entgegen. Der Kanal, über dem der Aufzug ins Stocken geraten war, war der ”Landwehrkanal”, der gleiche Kanal, in welchen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht geschmissen worden waren, nachdem man sie ermordet hatte. Das war am 15. Januar 1919 geschehen.
Die Berliner Studenten waren den ganzen Tag, also am Tag der Konzertaufführung, zu Nixons Ehre auf dem Gelände der Universität eingesperrt worden. Man liess sie erst nach Hause gehen, nachdem THE PRESIDENT OF THE UNITED STATES, wieder sicher in seinem Flugzeug sass.
Viele Studenten hatten sich vorgenommen, das Fluxus-Konzert am Abend au besuchen. Sie wollten gerne den Herrn Künstlern zeigen, was man in Berlin von ”der Kunst” hielt. Das Konzert begann, der Saal war vollgepackt. Henning Christiansen hatte seine Stellung eingenommen, mit einer alten Mütze auf dem Kopf, die Meerschaumpfeife im Mund hob er den Violinbogen zum ersten Strich. Die Violine war grün angestrichen, und das Haar des Bogens hang traurig herab, wie der Schwanz einer ausgedienten Krikke. Beuys wollte auf dem Flügel nach einer Partitur spielen, die aus Sauerkraut bestand und dekorativ über dem Notenständer hing. Henning Christiansen hatte der grünen Violine kaum die ersten gepeinigten Töne entrissen, als ihn ein ordentlicher Wasserstrahl traf. Zuschauer hatten Brandschlangen und Löschapparate 

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herbeigeholt und fingen nun an, die ganze Szene unter Wasser zu setzen. Nachdem es dem Personal gelungen war das Wasser abzustellen, wurde die Szene geentert. Die Studenten machten sich jetzt daran Klaviere, Flügel, kurz sämtliches Inventar auf der Scene kaputt zumachen. Nachdem sie das hinter sich gebracht hatten, verlangten sie ihr Eintrittsgeld zurück. Davon könnte doch gar keine Rede sein, erwiederte Beuys, hatten die Leute denn nicht soeben ein ganzes Schauspiel aufgeführt bekommen? De meisten gingen dann, doch blieben auch viele zurück und es wurde bis in den hellen Morgen Kunst und Politik diskutiert.
Diese Geschichte in Berlin machte einiges deutlich. Die Studenten hatten bei dieser Gelegenheit hatten zu verstehen gegeben, dass sich die Künst ler mit ihrer Kunst "zum Teufel scheeren sollten" und man wollte sich schon lange nicht von ihnen "befreien" lassen. Damit war man schon selbst in Gang. Beuys hatte 1967 die "DEUTSCHE STUDENTENPARTEI” gegründet. Der schlossen sich die Studenten aber nicht an. Sie schlossen sich dagegen dem SDS an.
Kunst und Politik kamen an diesem Abend ordentlich in die Wassertaufe. Beuys hatte ja die Vorstellung, dass die Kunst als schaffende Kraft, als Impuls, als Dynamo auf das Leben einwirken sollte. Für die Studenten dagegen war das Leben Politik und die Kunst "Die Hure des Kapitalismus". Das Problem schien sich hoffnungslos verknotet zu haben, aber irgendwie mussten diese beiden Begriffe doch Zusammenhängen. Wenn ich jetzt wieder zu der Rosa Luxemburg zurückkehre, die ich damals auch in Berlin am Landwehrkanal sah, dann ist es deshalb, weil gerade ihre Person, ihre Schriften, ja ihr ganzes Leben in dem Prozess begriffen war, diese anscheinend so widerstrebenden Pole wie: Leben-Politik, Kunst-Leben, Liebe-Politik, Gefühl und Verstand, zusammenzuschmelzen.
Politik und Kunst sind nicht ohne Zusammenhang.
Intensität und Engagement sind eng mit der Poesi verbunden.
Die Kraft der Poesi steht und fällt mit dem Intensitätsgrad.
Die Poesi darf nie ein Ziel in sich selbst sein.
Das Gleiche macht Beuys, deshalb ist er so wichtig für uns heute.

Ursula Reuter Christiansen

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Manuscript

Tysk

Selve manuskriptet er ikke dateret, men omtaler aktionen "Ich versuche dich freizulassen (machen)" i Berlin d. 27. februar 1969. For overskuelighedens skyld er datoen for aktionen opført som dokumentets ophavsdato.

HC arkiv Møn/HC breve 9