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Henning Christiansen

1968-04-27

Modtager

Dokumentindhold

Åbent brev til kulturministeren i Nordrhein-Westfalen om Joseph Beuys' professorat.

Transskription

Sehr geehrter Herr Kultusminister!

Soeben erhielt ich die Nachricht, daß sich der Herr Innenminister und der Herr Finanzminister des Landes NSW zu einer Entscheidung durchgerungen und es für nötig befunden haben, entgegen Ihrer Entscheidung des vorigen Jahres ihre Unterschrift für die Verbeamtung des Herrn Professor Joseph Beuys abzuschlagen. Dies war mir während der Anfertigung meines Briefes noch nicht bekannt und ändert die Situation zwar nicht grundsätzlich, aber insofern, als es sie erheblich zuspitzt und die Richtigkeit meiner im Brief erhobenen Beschuldigungen nachdrücklich bestätigt. Es hat den Anschein, als sei einigen Herren der Regierung die liederliche Verteilung der Kompetenzen in bestehenden System willkommener Anlaß, ihre private, mehr oder weniger interessante Meinung machtpolitisch zu manifestieren sozusagen ein durch die “demokratische” Mehrheit und deren servilen Gedankenlosigkeit geschütztes Alibi, populäre Engstirnigkeit mit Verantwortung zu verwechseln.
Selbst ein durch das Beamtengesetz garantiertes Recht bedarf - mag das noch so verdächtig klingen – der ständigen Kontrolle an Notwendigkeiten, die die Wahrheit setzt, und ich sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß die dauernden diesbezuglichen Versäumnisse nicht nur wesentlicher Grund für die prinzipielle Fragwürdigkeit der augenblicklichen politischen Situation der Bundesrepublik Deutschland ist, sondern darüberhinaus dazu beitragen, den längst drohenden geistigen Ruin vieler lebenswichtiger Glieder dieses Staates zu beschleunigen. Weder der Politik noch ch der Wirtschaft noch der Kultur ist mit solchen unsauberen Vermischungen ein Dienst getan. Dafür ist u.a. der “Fall Beuys” ein schlagender Beweis.
Wer sich in selbstgefälliger Weise – wie dies ja sehr häufig geschieht – darauf beruft, zur Verbesserung der menschlichen Zustände, zur Stärkung der Demokratie, zur Verhinderung einer Wiederholung diktatorischer, unmenschlicher Praxis (Auschwitz, Weltkrieg usw.) beizutragen, dem mag bei allen von ihm erheischten und erreichten Dankbarkeitsgefühlen die Belehrung nicht schaden, dass es auf die Dauer gesehen weit grøssere Katastrophen gibt. Dies bedeutet nicht blasphemie oder Banalisierung sondern die selbstverständliche Einsicht, dass die geistige Verrottung der Menschen und ihr geistiger Untergang fürchterlicher ist als ein physisches Ende in all seiner Schrecklichkeit.
Ich bitte sie, in diesen Sinne unsere Interessen zu vertreten und dieses Schreiben an Ihre Kollegen weiterzureichen.
Wir fordern mit Nachdruck die Verbeamtung des Herrn Professor Joseph Beuys. Wir überschätzen seinen Fall nicht, sondern wir betrachten ihn als symptomatisch.

Düsseldorf, 27.4.1968

(Johannes Stüttgen)

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Düsseldorf
Joseph Beuys

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